Die Stadt Dorsten hat Glück: Gleich zwei funktionstüchtige Mühlen existieren im Stadtgebiet und zeigen im Detail, wie einst der wichtigste Nahrungsgrundstoff Mehl erzeugt wurde.
„Mir ist es ein persönliches Bedürfnis, das zu zeigen. Wir haben ja eine Zeit der Pause und Neuorientierung hinter uns und wir wollen mehr Gruppenführungen ansprechen. Dazu werden wir einiges aufarbeiten“, sagte Thomas Gerling, der sich in das Amt des Müllers eingelebt hat. Die Faszination der Deutener Mühle liegt ganz klar in der Vielzahl der zu bestaunenden Technik, die mit dem Backhaus des Heimatvereins eine nahezu perfekte Zeitreise in die jüngere Vergangenheit möglich macht. So wurde der Backofen schon früh aufgeheizt, um einen herrlich duftenden Bauernstuten zu backen. Die Frauen und Männer, die am Werk sind, strahlen Gemütlichkeit aus. Die Blechbläser vom Spielmannszug haben sich in den Schatten verkrümelt und trinken ein kühles Bier. Im Hintergrund rauscht der Mühlbach: Postkartenidylle vor der Haustür der Stadt Dorsten. Natürlich hat so eine Idylle ihren Preis, der nicht nur durch rührige Ehrenamtler gestemmt werden kann. „So eine Sache wie der Mühlentag ist für uns eine der seltenen Gelegenheiten, etwas Geld zu verdienen. Wir in Deuten machen das nämlich umgekehrt, als sonst üblich: Projekte planen wir nach dem Inhalt unserer Kasse“, so Gerling. Eine gute Finanzstrategie, die der Verein rund um die Deutener Mühle fährt. Bodenständigkeit ist nicht immer verkehrt, sondern bewährt sich manchmal im harten Alltag der Geldsparpolitik glänzend.
In Rhade sieht man die Dinge mit der ähnlichen Gelassenheit und konzentriert sich auf den Kern der Sache: Brauchtumspflege und Erhalt einer historischen Wassermühle durch einen tatkräftigen Kreis von engagierten Ehrenamtlern. „Der Heimatverein ist jetzt 30 Jahre alt und viele Dinge haben sich gewandelt. Wir haben jetzt eine CD laufen lassen, auf der wir die Entwicklung der letzten 30 Jahre gut verfolgen konnten. Es hat sich eine Menge im Heimatverein getan“, sagte Höller, der sich als Vorsitzender des Vereins ganz besonders darüber freute, dass er vier noch lebende Mitglieder des Gründungsvorstandes ehren konnte. Karl-Heinz Sichmann, Walter Köster, Werner Giza und Manfred Hinzmann erhielten ein kleines Präsent und ganz viel Applaus von den Freunden.
Was meint Christoph Höller, wenn er sagt, dass sich der Verein der Zukunft stellen muss, wenn er die Vergangenheit bewahren will? „Wir müssen solche Medien wie das Internet und Facebook für unsere Sache nutzen. Der Klotschentanz unserer Kindergruppe ist süß, aber sie sind auch deshalb mit Feuereifer bei der Sache, weil Rapp und Hip-Hop getanzt wird. Wenn die Kids einmal hier auf unserer idyllischen Anlage waren, dann interessieren sie sich automatisch für die Technik von gestern, denn Kinder und Jugendliche sind nun mal neugierig“, sagt Höller und tippt an den Schirm seiner Baseball-Kappe, die das Logo des Heimatvereins Rhade trägt. „Kappe tragen die Kids überall, einen Strohhut eher nicht“, sagt Höller lachend. Manchmal kommt es auf die Details an. Detailverliebt waren auch die Besucher, die mit großem Fotogerät das Rhader Mühlwerk dokumentieren. Und da gibt es in den Rhader Wiesen noch eine Familie, um die sich der Heimatverein ebenfalls mit Hingabe kümmert: Das Storchenpaar. „Die haben Nachwuchs, aber wir haben uns noch keine Gedanken darüber gemacht, wie wir die Tiere taufen werden. Wir warten ab, bis sie beringt werden“, so Höller. Er sieht die Sache mit den Störchen perspektivisch. „Wir haben jetzt noch einen Nistplatz eingerichtet. Mal sehen, ob der in den nächsten fünf Jahren angenommen wird“, sagt Höller. Entschleunigung auf eine höchst angenehme alternative Art


