Tor zum Münsterland, Brücke ins Ruhrgebiet

Ofen für Neues

Es riecht nach frischem Brot in der Siedlung am Stuvenberg. Die Bürgersteige sind gefegt, die Gärten gepflegt und die Menschen machen einen sehr zufriedenen Eindruck.
Die Anwohner haben Blumen, einen kleinen Präsentkorb dabei und schlendern zum Haus von Willi Kortenhorn. Der 75-jährige Rhader feiert mit seinen Nachbarn die zweite Neueröffnung des schmucken Backhauses auf seinem Grundstück.

Die Geschichte dieses kleinen Fachwerkhäuschens ist ungewöhnlich, aber sie macht auch Hoffnung. Hoffnung darauf, dass eine Behörde auch einmal kreativ wird, wenn es darum geht, Lebensqualität ihrer Kunden, sprich der Bürger, zu erhalten.

Rückblende: Wir schreiben das Jahr 2000 und Willi Kortenhorn hat eine Idee. Bei den Nonhoffs ist ein Schweinestall abgerissen worden. Die schönen Zechen-Brandsteine, das alte Gebälk? „Das wird doch mein Gartenhäuschen. Als es an den Abtransport ging, habe ich einen alten Brotofen entdeckt“, erklärt Willi Kortenhorn. Der hat Bäcker gelernt, ist handwerklich geschickt und hat die Idee: Den Ofen frisch machen, das Gartenhaus zum Backhaus gestalten und viel Spaß mit den Nachbarn auf Backfeten haben. „Der Ofen war uralt und als Willi gesagt hat, was er damit vorhat, waren wir natürlich hocherfreut, dass dieses gute Stück zu neuen Ehren kommen sollte“, sagt Thea Nonhoff.

Bauen ohne Genehmigung

Kortenhorn baut das Häuschen, versetzt dafür einen Zaun und weil er gerade in der Bauphase ist, wird auf dem Garagendach noch eine schöne Dachterrasse gebaut. Alles in Eigenleistung. Genehmigung? „Ich habe nicht gedacht, dass ich so etwas brauche“, sagt Kortenhorn. Zwölf lange und fröhliche Jahre scheint sich seine Sicht der Dinge zu bestätigen, bis eines Tages ein Brief im Kasten liegt.

Der Inhalt des Schreibens schlägt wie eine Bombe in das Idyll des Rhaders ein: Die Dachterrasse wird moniert, das Bauamt kündigt eine Begehung an. Nach dieser Begehung ist nichts mehr so, wie es mal war. „Die haben natürlich nicht nur die Dachterrasse gesehen, sondern auch das Backhaus. Die Marschrichtung war klar: Das Ding ist nicht genehmigt, also muss es weg. Gleiches wurde in Sachen Dachterrasse verlangt“, sagt Kortenhorn.

Die Nerven lagen plötzlich blank, bis ein Nachbar den Kontakt zu Thomas Boos empfahl. „Herr Boos ist dann rausgekommen und hat quasi die Rolle des Friedensrichters übernommen. Gemeinsam mit dem Amt haben wir dann einen Katalog von Änderungen entwickelt, die Backhaus und Terrasse erhalten haben“, so Kortenhorn.

Er hat dann Zäune versetzt, am Backhaus ein Schleppdach angebaut und auf der Dachterrasse ebenfalls die geforderten Umbauten vorgenommen. Am Ende stand die Genehmigung. Einziger Wermutstropfen: Kortenhorn darf den Backofen nur an sechs Tagen im Jahr anwerfen und so traditionelles Nachbarschaftshandeln durchführen. „Damit kann ich leben“, sagt er, der erleichtert mit seinen Gästen feiert.

Mit denen lebt er jetzt seit fast 50 Jahren in der Siedlung am Stuvenberg. „Mein Haus hat nie einen anderen Handwerker gesehen als mich. Ich bin hier richtig glücklich und freue mich, dass wir jetzt legal Tradition und Nachbarschaft ausleben können“, sagt der rüstige Rentner. Der Ofen in seinem Backhäuschen bullert und neben dem Brot sind gerade die Rippchen gar. Ein Leckerbissen! Natürlich nach Siedlerart, versteht sich.