„Warum, wieso, weshalb?“ Die Interessierten hatten viele Fragen. Was bedeutet Bullenmast, Fresser-Produktion oder Fleckvieh? Die heimischen Rindvieh-Farmer wussten Antworten. Elf Höfe in Dorsten öffneten am vergangenen Sonntag ihre Ställe zum „Hofgeflüster“, eine Aktion des Landwirtschaftlichen Kreisverbands.
Ganz schön dufte-idyllisch liegt das Bauernhaus Winkelmann zwischen Wiesen und Feldern in einer Sackgasse in Rhade. „Die Aktion ist dazu da, interessierte Bürger zu informieren“, sagt Landwirt Heinz Winkelmann. Denn die Kuh auf der Weide und das Rindvieh im Stall haben wenig mit landwirtschaftlicher Romantik aus Kinderbüchern zu tun. Die Aktion soll ein realistische s Bild der Landwirtschaft zeigen. Die Höfe sind freiwillig dabei.
Winkelmanns Sohn Tobias brachte ihn auf die Idee, sich an der Aktion Hofgeflüster zu beteiligen: „Wir wollen versuchen, das Bild ein wenig wegzurücken von den jüngsten Horrorszenarien in den Medien. Gerade hier ist der Vorteil, dass es ein kleiner Betrieb mit gesunden, vitalen Tieren ist.“
Im Jahr 2012 produzierte eine Kuh auf dem Hof etwa achteinhalb tausend Kilogramm Milch. Es gibt einen Deckbullen und rund 40 werdende Mütter, die bis Oktober/November auf dem Feld stehen. Sie werden überwiegend künstlich besamt. Jede Milch-Kuh muss für den Ertrag einmal im Jahr ein Kalb bekommen: „Die Kälber werden hier geboren“, so Tobias Winkelmann.
Ein Junges ist keine 24 Stunden alt. Es kommt aus hygienischen Gründen in die „Einzelbucht“. Das Kalb bekommt Milch. Nach etwa zwei bis drei Wochen landet es in einer Gruppe von bis zu fünf Kälbern. Anschließend folgt der große Stall für die „Fresser“, wo es feste Nahrung gibt. Die Umstellung erfolgt nach speziellen Kriterien einer Grundfutteranalyse.
Gerd Krampe als fachkundige Verstärkung ist heute auch mit dabei, um den Bürgern alles zu erklären: „18 bis 19 Monate ist das optimale Alter zum Schlachten eines männlichen Rinds. Das Schlachtgewicht beträgt dann etwa 300 bis 420 Kilo. Mehr dürfen sie nicht wiegen, da sie sonst Übergewicht haben und das auf dem Markt nicht gern gesehen wird.“ Dazu müsse immer der Ausfall einkalkuliert werden.
Tiere für die Bullenmast kommen auch aus Bayern, wo überwiegend Milchkühe gehalten und der männliche Nachwuchs Richtung Norden verkauft wird: „Jeder Betrieb hat eine Quote, wie viel Milch er produzieren darf“. Da ist das Fleckvieh, der Fleischtyp, ein Nebenerwerb für Bauern. Die Bullenmast sei lukrativ nur für Betrieb mit einen erheblichen Grünlandanteil, erklärt Gerd Krampe. Bis zu 250 männliche Rinder für die Fleischverwertung legen im Jahr auf dem Hof eine Zwischenstation ein, um zur Mast weiterzufahren. 100 Tage im Betrieb: Das ist die Fresser-Produktion. Ein einziges Kalb kostet bis zu 850 Euro. Am Ende war es für alle Besucher ein spannender Einblick.
Von Marie-Therese Gewert