Er ist groß, er ist weiß, er ist alt. Der traditionelle Maibaum, der am Samstag in Rhade vor der alten Wassermühle einiges über sich ergehen ließ.„Das ist alles im Aufbau, es entwickelt sich. Wir hoffen, dass die Geschichte wächst und angenommen wird“, betont Christoph Höller, 1. Vorsitzender des Heimatvereins Rhade, am Samstag vor der alten Wassermühle. Es ist der erste Maibaum des Ortes überhaupt. Was deutschlandweit seit Jahren Tradition hat, sollte nun auch im „gallischen Dorf am Rande der Stadt“ Rhade ankommen.
Holzstühle und Notenständer sind aufgebaut, eine von vielen Trompeten wird eingestimmt. Noch klingt sie ein wenig, wie die Hupe eines Schiffes. Alle warten. Ein wenig unbeachtet liegt eine 13 Meter lange Birke auf dem Boden vor einem weiß-grünen Zelt. Mit der Zeit kommen immer mehr Menschen, darunter Mädchen mit Zöpfen, weißen Blusen, blauen Röcken und Strumpfhosen. Sie gehören zur Kindertanzgruppe des Heimatvereins.
Rhader Matrosen in blauer Tracht
„Eigentlich wäre es so gewesen, dass Junggesellen den Baum durchs Dorf tragen“, bemerkt Höller, auch wenn sich die erst finden müssten. Stattdessen machen sich die Rhader Matrosen des Vorstands sofort ans Werk, in traditioneller blauer Tracht. Sechs von ihnen heben die Birke an, tragen sie ein Stück weit, setzen sie wieder ab. Ein Bohrer soll eigentlich dabei helfen, ihr Wappen, auf dem sich ein Baumstamm vor blau-gelbem Hintergrund abzeichnet, zu befestigen.
Doch wie soll’s gehen, wenn der Akku vom Bohrer leer ist? „Haste ne‘ Bohrmaschine in der Tasche?“, fragt ein Helfer einen Neuankömmling. Der schüttelt den Kopf. Denn nicht viele Bürger haben zufällig immer eine Bohrmaschine im Gepäck.
Ratlosigkeit. Dann der Geistesblitz: Mit Strom müsste es funktionieren. Rettung naht. Schnell wird Abhilfe geschaffen. Einer besorgt ein langes Stromkabel, ein anderer holt seinen Bohrer aus dem Auto.In der Zwischenzeit schmücken die Mädchen den Maibaum mit bunten Kreppbändern.
Ein Seil umschlingt den Baum, um ihn hochzustemmen. Die Schützenkapelle spielt. Ein Hammer klopft im Takt das Wappen fest. „Jetzt wollen wir nochmal einen Versuch starten“, wie der Moderator sagt. „Einen ganz herzlichen Dank an alle Helfer“, freut er sich.
Und was sollte der Baum nun davon halten?Vielleicht dachte er bei sich: Jetzt bin ich so, wie es sich für einen richtigen Stammbaum gehört. Ganz nach dem Motto: Was lange währt, wird endlich gut.
Von Marie-Therese Gewert