Tor zum Münsterland, Brücke ins Ruhrgebiet

Schlagader mit Verstopfung

Rhade. Der Arbeitskreis Rahmenplan für den Ortsteil soll nicht öffentlich tagen. Die SPD setzt dennoch auf (fast) direkte Bürgerbeteiligung und lädt fortan jeweils vor den Sitzungen zum Forum ein (das erste heute um 19 Uhr), um zumindest ihre Gremien-Mitglieder von Bürgern dafür „impfen“ zu lassen.

Zur ersten Runde dieser Art ein Rundgang durchs Dorf mit Parteichef Hans-Willi Niemeyer und Dirk Hartwich – kein Mandatsträger, aber seit fast 40 Jahren aktiv in Rhade.

Eine Diagnose.

Die Lembecker und Erler Straße ist sozusagen die Hauptschlagader des lang gestreckten Dorfes. Diese automobil geprägte Blutbahn leidet allerdings an Arteriosklerose: Zu viel Blech, zu wenig Platz für andere Verkehrsteilnehmer. Wenn die Rhader SPD mit Bürgern und nun auch im Arbeitskreis Rahmenplan über die Zukunft des Stadtteils diskutiert, dann nimmt dabei seit vielen Jahren das Thema Verkehr breitesten Raum ein, so Niemeyer und Hartwich.

Bürger-Workshop

Dass sich daran (zu) wenig ändert, hat ein Grundproblem: Spätestens mit Einstellung des Bezirksausschusses hätten Rhader Bürger ihre Interessen nicht mehr selbst formulieren und diskutieren können; die Bürgerforen seien kein vollwertiger Ersatz (Hartwich: „Der Bürgermeister hat informiert und die Bürger konnten Fragen stellen“). Lediglich punktuelle Beschwerden wurden – das allerdings anstandslos – durch die Verwaltung abgearbeitet. Aber: „Eine strukturelle Weiterentwicklung des Ortsteils gab es nicht mehr.“

Insbesondere im Bereich Verkehr spiegele sich das. Die Struktur Rhades als Straßendorf mit einer drei Kilometer langen Haupterschließung und Funktion als Autobahnzubringer sei „eine Katastrophe“, durch Einzelprojekte an ihrem Rand nur verschlimmert: Als das Einkaufszentrum gebaut wurde, habe niemand über die Verkehrssituation nachgedacht. Dem Altenheim auf dem Gelände der alten Molkerei fehle ein hausnaher Übergang zum Mühlenteich. Viele Parkplätze längs der Straße sind falsch angelegt, nämlich jenseits der (auch nicht überall vorhandenen) Rad- und Gehwege. Schließlich: Kreisverkehre, so Hartwich und Niemeyer, könnten den Blechstrom im Ort zumindest teilweise bändigen.

Und für Radler könne leicht mehr Sicherheit geschaffen werden. Durch ein intelligentes System, das insbesondere Schlehenweg und Ringstraße um den Dorfkern nutzt. Hartwich: „Die Wege sind alle vorhanden. Es geht eigentlich nur darum, ein System ‘reinzubringen.“

Eng verbunden mit der Struktur als Straßendorf ist auch die Lage des Dorfkerns – etwas abseits der Hauptpiste gelegen. Niemeyer: „Der Dorfkern ist im Grunde tot.“ Ein Grund für die Sozialdemokraten liegt darin: Auch hier haben Autos im Prinzip Vorrang vor Radlern und Fußgängern. Hier gibt’s Bürgersteige, die den Namen nicht verdienen und der beste Platz, der Kirchplatz, dient vor allem als Parkplatz. SPD-Vorschlag: Durch Einbahnstraßen Parkraum auf der Fahrbahn schaffen. Ohne Begegnungsverkehr würde eine Spur genügen.

Eine bedeutende Zukunftsfrage schließlich ist diese: Wie will sich Rhade als Wohn- und Schlafstätte entwickeln? In der Flächenplanung der Stadt werden zwar vier mögliche Neubaugebiete aufgezeigt. „Aber die bringen uns nicht weiter“, sagt Niemeyer. „Angesichts der Spritpreise ziehen wir niemanden mehr aus Essen nach Rhade.“ Abrundung, Lückenschlüsse, Bestandspflege sollten reichen, den Wohnbedarf in den nächsten Jahren zu decken.

Allenfalls für neue Arbeitsplätze wäre noch ein Platz frei. Hinterm Einkaufszentrum. Für einen kleinen Gewerbepark. Ansonsten liege Rhades wirtschaftliche Zukunft im sanften Tourismus durch gut erschlossene Natur. Niemeyer: „Einen neuen Magneten dafür haben wir ja schon: Die Störche . . .“