Tor zum Münsterland, Brücke ins Ruhrgebiet

Den richtigen Obstbaumschnitt zeigte Ulrich Grunewald den Mitgliedern der Rhader Siedlergemeinschaft und des Nabu.

Den richtigen Obstbaumschnitt zeigte Ulrich Grunewald den Mitgliedern der Rhader Siedlergemeinschaft und des Nabu.

Von Ast zu Ast

„So, mit welchem Baum fangen wir an?“, überlegt Ulrich Grunewald von der Erler Baumschule Grunewald am Samstag auf der Obstbaumwiese in Rhade und geht zielstrebig auf die Birne zu. Schon kommt die erste Frage aus den Reihen der versammelten Hobbygärtner: „Woher wissen Sie, dass es ein Birnbaum ist? Die sehen doch alle gleich aus!“ Des Rätsels Lösung ist für ihn nach 35 Jahren Erfahrung nicht schwer: „Die Birne ist pyramidal gewachsen, der da ist rund“, er deutet auf einen der umstehenden Bäume.

Vorsicht vor schlafenden Augen

Folgendes sollte ein Gärtner immer beachten: Es kommt auf den richtigen Schnitt an. So erfolgt die legitime Beschneidung eines Obstbaumes nach speziellen Regeln. Mit Baumschere und Leiter aus Nachbars Garten bewaffnet, ist Grunewald schnell auf den richtigen Zweig gekommen und kürzt den Ast. Aber Vorsicht! Es sollten keine „schlafenden Augen“ unter dem Ast bleiben und „Reiter“, übersetzt: auftreibende Äste, sollten auch eingekürzt werden.

Das Geheimnis einer ertragreichen Ernte liegt letztendlich darin, dass der Obstbaum Fruchtholz ansetzt. Das macht er meist dann, wenn’s ihm nicht gut geht. Immerhin möchte sich auch ein Obstbäumchen vermehren und wächst zunächst. Mit 100 bis 120 Jahren Lebenserwartung hat er ja genügend Zeit. Da kann es Jahre dauern, bis der Baum Früchte trägt. Der Saft will auch irgendwo hin und ist der Ast gesund und senkrecht, steigt der Saft an. Aus diesem Grund werden Obstbäume beschnitten. Denn Fruchtholz entsteht an waagerechten Ästen.

Der Konkurrenztrieb muss gekappt werden. Das sind die Äste, die sich gegenseitig nach oben schieben. Die Hobbygärtner haben während des Einschnitts weitere Fragen: „Müsste man die Wunde verschließen?“ Die Antwort: „Nein, früher war das üblich, aber heute ist es das auch in der Baumchirurgie nicht mehr.“

Der ökologische Anbau ist für die heimische Tier- und Pflanzenwert von unschätzbarem Wert, weiß Michael Drescher, Vorsitzender vom Naturschutzbund Dorsten (Nabu) und betont:„Die Fläche ist da, aber die Pflege zu intensiv.“ Heiner Köllmann von der Siedlergemeinschaft Rhade rief die Aktion ins Leben: „Es ist das erste und vielleicht nicht das letzte Mal“, erläutert er. Zwei Wochen zuvor holte er sich von der Stadt die Genehmigung zur Veranstaltung der Fortbildung des Obstbaumschnitts und trommelte neben dem Aufruf der Stadt selbst noch einige Leute zusammen. Denn: „Was hat man von dem schönsten Obstbaum, wenn er keine Früchte trägt?“, wie sich ein Interessierter fragte.

Selbst der Mondkalender prognostizierte einen guten Tag für Gehölzschnitte. Bis Dienstag soll die gute Phase demnach noch andauern, wie eine Teilnehmerin verkündete. Der Winter ist die beste Zeit, weil’s einfacher und schneller geht. Frost ist kein Problem. Mit der richtigen Pflege lassen sich Schrotschusskrankheiten und Schorferkrankungen der heimischen Obstbäume sicher vermeiden. Noch ein Warnhinweis: Gitterrost beeinflusst die Frucht, dadurch wird sie nicht groß.

Am Ende waren alle ein bisschen schlauer und können ihren Bäumen nun guten Gewissens ihr Übergewicht nehmen. Im August heißt es dann wieder: Ran‘ an die Säge und die Leiter aus Nachbars Garten holen. Denn den Nachwuchs von Ästen wird dem Baum auch kein Schnitt austreiben können. Und mal ehrlich: Im heimischen Garten schmeckt es doch am besten. Und gesünder. Grunewald: „Gekauftes Obst ist mindestens sieben bis acht Mal gespritzt. Ohne Spritzen keine Erträge.“

Von Marie-Therese Gewert